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Gebrauchsglas |

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Eine unbestimmte Faszination befällt uns beim Betrachten von historischem Glas. Dabei wird einem der Zeitraum bewusst, den dieser zerbrechliche Gegenstand überstanden hat, um sich als sammelwürdig zu erweisen.
Beachtlich, dass ein Glaskelch, den Thronnamen von Pharao Thutmosis III. trägt (1481 – 1425 v. Chr.). Weitaus frühere Glasobjekte kommen aus Mesopotamien. Den ersten bekannten Städten der Menschheitsgeschichte.

Waldglas | gestreckte, bauchige Flasche aus grünem Glas, 18. Jh. | Wasserfund mit flächiger Irisierung

Auf antik- und Flohmärkten sowie in vielen Vintage Shops finden sich regelmäßig Glasflaschen aus Großmutters und Urgroßvaters Zeiten. Glasbehälter wurden bis in das neunzehnte Jahrhundert in Handarbeit hergestellt und unterlagen aufgrund der Wertigkeit einem ständigen Kreislauf. Das funktionierte ohne Pfandsystem. Der Flaschensammler fuhr durch die Dörfer und kaufte Flaschen an. Lieferte diese an die Lebensmittel- und Genusmittelbetriebe. Das brachte Generationen von Buddeln (umgangssprachlich für Flaschen) in Umlauf. Diese alltäglich im Haushalt verwendeten Glasbehälter nennt man Gebrauchsglas. In diesem Fall ist Abnutzung ein verlässlicher Hinweis auf Echtheit. Entsprechend finden sich hunderte von Kratzern auf den Standflächen antiker Flaschen.

Alte Flaschen | Hinweis auf Echtheit – Abnutzungs- und Gebrauchsspuren

Eine der Verwendung entsprechende Formengebung war überregional üblich, daher können die meisten Gefäßen aufgrund ihrer Form einem Verwendungszweck zugeordnet werden. Alte Milchflaschen aus Urgroßmutters Zeiten sind meist ähnlich im Aussehen. Aber Farbe, Schlieren und Luftblasen im Glas sind grundverschieden. Gegenüber der heutigen industriellen, in Massen gefertigten Perfektion, sind historische Gläser durch ihre individuelle Unvollkommenheit immer einzigartig.

Gebrauchsglas | Vorrats- und Milchflaschen 19. Jh
Gebrauchsglas | Detailansicht Milchflaschen

Antikes Gebrauchsglas wurde meistens in den Wäldern hergestellt. Mancherorts bis in das 19. Jhd. hinein. Dort standen die Rohstoffe zur Verfügung. Bei der Herstellung wurden Quarzsand, Kalk, Soda und Pottasche in einem streng gehüteten Mischungsverhältnis, auf 1.600 Grad erhitzt. So entsteht die sogenannte „Glasschmelze“. Der Glasbläser fertigte daraus entweder frei oder in einer Holzform den Glasbehälter. Diese Erzeugnisse nennt man Waldglas.
Mehr zu diesem Thema im noch folgendem Beitrag „Gebrauchsglas | Waldglas“.

Gebrauchsglas 19. Jh.

Zum Ende des 19. Jahrhundert wurde durch die Erfindung des Wannenofens und einer automatische Flaschenblasmaschine die industrielle Fertigung möglich und verdrängte die alten Flaschen vom Markt. Mittlerweile werden allein in Europa täglich mehrere Millionen Hohlgefäße aus Glas produziert.
Eine Fertigung von Glasobjekten in traditionellen Herstellungsverfahren ist heutzutagen überwiegend im kunsthandwerklichen Bereich angesiedelt. Alte, handgefertigte Gebrauchsflaschen lassen sich daher recht zuverlässig von neuen, industriell gefertigten unterscheiden.

Links, Flasche 19.Jh | rechts zeitgenössische Weinflasche
Links, Flasche 19.Jh | rechts zeitgenössische Weinflasche

Eine Sammlung soll gefallen und die Einrichtung bereichern. Fortwährend durch neue Stück ergänzt, befassen wir uns mit der Thematik und tauchen in faszinierende Welten ein. Das Interesse wächst und somit die Qualität. Die Einzigartigkeit und das Alter eines Objektes schmälert meine Toleranzgrenze auf Unversehrtheit.

Noch ein kleiner Tip: Wer mit Glas dekorieren will, dem empfehle ich mit Licht zu experimentieren. Led Lichtleisten sorgen in den Abendstunden für atemberaumbende Effekte.

Glasflaschen aus drei Jahrhunderten

Fotos – Privatsammlung Jenny Konkel

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